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Die trügerische Leichtigkeit der Perfektion
Die Idealmaße der Protagonistinnen auf Janka Zöllers Bildern passen genau in das Universum aus südlicher Vegetation, gepflegter Urlaubsarchitektur und sommerlicher Beleuchtung, mit dem die Künstlerin sie umgibt. In welcher Welt leben diese Frauen? Sind sie im Urlaub oder ist dieses Ambiente ihre tägliche Umgebung? Betrachten wir Traumbilder? Leitbilder?
Verena leert das Weinglas und zieht das grellgrüne Kostüm der Tante aus. Nackt steht sie da, auf ihrer eigenen Terrasse, vor ihrem eigenen Pool. Wie hatte sie je ohne diesen Luxus leben können? … Sie spaziert über den schönen Boden, ohne sich Gedanken über ihren Körper zu machen, und steigt die Treppen hinab ins kühle blaue Wasser, wovon sie sich Erholung verspricht. Wer träumt nicht davon, nackt in seinem eigenen Pool nach Lust und Laune baden, schwimmen und planschen zu können. Wie Jovana Reisinger, die Autorin dieser kurzen Textpassage, in der die Heldin nach einem unerwarteten Erbe einen stereotypen, allseits beneideten Luxus genießt, sich aber unendlich einsam fühlt, provoziert die Malerei Janka Zöllers Irritationen trotz der perfekten Oberfläche. Ihre Bilder sind Wunschbilder, auf denen die Dargestellten ambivalente Gefühle ausstrahlen. Sie haben ihr Ziel erreicht, sind glücklich; dennoch scheinen sie eine gewisse Leere zu empfinden, so formuliert es die Künstlerin. Ihre Malerei übersetzt diese leichte Verunsicherung in einen melancholischen Gesichtsausdruck, bedrohlich wirkende dunkle Pflanzenmassive, einen opak-blauen aber nicht heiteren Himmel.
Die Perfektion der Malerei, so zeigen auch die Hochglanzbilder Elisa Breyers, lässt Dissonanzen umso stärker hervortreten. Virtuos malt sie banale Alltagsgegenstände, über die unsere Augen nicht einfach hinweggleiten können, sondern an denen sie mit einem diffusen Unbehagen hängen bleiben. Ihr voyeuristischer Blick richtet sich auf einen grellrosa Plastikstuhl, auf dem ein blaues Handtuch mit angeklemmter froschgrüner Haarspange liegt, auf ein Wasserglas vor giftgrünem Fonds, dessen Inhalt seine kristalline Reinheit verloren hat, auf ein Ensemble bunter Haargummis, die zum Trocknen von Wäscheklammern gehalten werden. Fast zynisch zwingt die Künstlerin uns, hinter der glänzenden Oberfläche ihrer Malerei die Hässlichkeit und Belanglosigkeit der Dinge, mit denen wir uns umgeben, wahrzunehmen, zeigt sie aus größter Nähe, in aggressiven, grellen Farben.
Die Stimmung ihrer Bildnismodelle scheint diese unangenehme Umgebung nicht zu tangieren. Auf den Porträts, die Elisa Breyer malt und denen neben den Stillleben ihr Hauptinteresse gilt, sehen wir Menschen mit entspanntem Gesichtsausdruck, die uns ansehen oder den Blick gedankenverloren auf einen unbestimmten Punkt richten. Die Verzerrung und grelle Farbigkeit der Stillleben treten hinter diesem freundlichen Gegenüber zurück: In einer hässlichen, problematischen Welt sollte der zwischenmenschliche Blick liebevoll sein, so die Malerin.
Die besondere Intensität der Gemälde Janka Zöllers und Elisa Breyers rührt nicht zuletzt daher, dass beide Malerinnen eine virtuose illusionistische Malerei pflegen, die sich stets auf dem schmalen Grat der Grenze zwischen Fotografie und Malerei bewegt. Beide Künstlerinnen arbeiten nach Fotografien, die sie selbst machen. Die Aufnahmen wirken wie Selfies auf Instagram, wie Zeitschriftenbilder, wie Motive aus Reisekatalogen oder Kosmetikreklamen. Erst die malerische Umsetzung verleiht ihnen eine Dimension, die über die bloße Abbildung hinausgeht und das Gezeigte interpretiert. Seit der Erfindung der Fotografie in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde die Wirkungs- und Deutungsmacht der Malerei immer wieder in der Auseinandersetzung mit dieser neuen Reproduktionstechnik diskutiert. Beide Künste machten sich ihre illusionäre Wirkung streitig. Indem die Fotografie überlegen aus diesem Vergleich hervorging, befreite man die abendländische Malerei, so schien es, endgültig von einem zwanghaften Realismus und gab ihr ihre ästhetische Autonomie zurück. Die Gemälde von Janka Zöller und Elisa Breyer machen deutlich, dass gerade die illusionistische Widergabe der Realität ihre Interpretation durch die Malerei ermöglicht.
Cathrin Klingsöhr-Leroy, Direktorion Franz Marc Museum Kochel
[1] Jovana Reisinger, Spitzenreiterinnen, Verbrecher-Verlag 2021, S.140
Fotos ©Verena Hägler
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